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Die jahrzehntelange SPÖ-Hochburg Gerasdorf bei Wien (Bezirk Korneuburg) erhält einen blauen Bürgermeister. Am Freitag präsentierten FPÖ und ÖVP ein Arbeitsübereinkommen – obwohl die

Spitzenkandidaten eine Koalition zuvor eher ausgeschlossen hatten.

„Mit seriöser Politik Gerasdorf neu denken“, kündigte die neue Stadtspitze aus FPÖ und ÖVP am Freitag bei einer Pressekonferenz an. Die 12.000-Einwohner-Stadt nördlich von Wien wird künftig von der FPÖ geführt, womit erstmals in der Zweiten Republik die Sozialdemokraten abgelöst werden.

Fokus auf Finanzsanierung

Das oberste Ziel der neuen Stadtführung sei es, die Finanzen in den Griff zu bekommen. Der bisherige Vizebürgermeister und designierte Ortschef Dietmar Ruf betonte angesichts der Schuldenlage: „Man hat über einen gewissen Zeitraum über die Verhältnisse gelebt. Man kann nur so viel Geld ausgeben, wie man hat – und das passiert heute.“

Investitionen in Kernaufgaben

Geld soll vor allem in die grundlegenden Aufgaben der Gemeinde fließen, wie beispielsweise das Kanalsystem. „Das Hochwasser im vergangenen Jahr hat gezeigt, was passiert, wenn Versickerungsbecken nicht ordnungsgemäß funktionieren“, erklärte Ruf und sprach von notwendigen Investitionen in „die biedere Daseinsvorsorge“. Zudem sei der Bau eines Pflegeheims „eine absolute Notwendigkeit“. Auch der öffentliche Verkehr sowie die Kinderbetreuung sollen ausgebaut werden.

Pläne für die Legislaturperiode

Der designierte Vizebürgermeister und bisherige ÖVP-Stadtrat Kaldun Hana erklärte mit Blick auf die fünfjährige Legislaturperiode: „Die ersten zwei Jahre werden sicher davon geprägt sein, die Stadtfinanzen zu sanieren. Danach werden wir diese Projekte definitiv umsetzen.“ Zudem sollen weitere finanzielle Spielräume ausgelotet werden.

SPÖ bleibt stärkste Kraft

Bei der Wahl Ende Januar ging die SPÖ zwar als Siegerin hervor und konnte ihr Ergebnis von 2020 mit 37,8 Prozent fast halten. Die FPÖ konnte sich jedoch auf 33,3 Prozent verdoppeln, während die ÖVP starke Verluste hinnehmen musste und nur noch auf 20,6 Prozent kam. Die Grünen erreichten 8,2 Prozent der Stimmen, die NEOS traten nicht mehr an.

Sowohl Ruf als auch Hana hatten am Wahlabend eine Zusammenarbeit mit der stimmenstärksten Partei zunächst abgelehnt. Hana erklärte damals: „Ich bin der Meinung, dass die stärkste Partei den Bürgermeister stellen sollte.“ Ruf betonte: „Man sollte sich an das halten, was man vor der Wahl gesagt hat. Die Usance ist, dass der Stärkste den Bürgermeister stellt.“

Entscheidung für die größte Schnittmenge

Am Freitag erläuterten beide Politiker, dass Gespräche mit allen Parteien geführt wurden. „Das eine ist die persönliche Meinung, das andere ist, was das Beste für die Stadt ist“, so Hana. Das Arbeitsübereinkommen sei das Ergebnis der Verhandlungen: „Am Ende geht es darum, die größte gemeinsame Schnittmenge zu finden.“

Ruf ergänzte, dass vier Wochen lang mit sowohl SPÖ als auch ÖVP verhandelt wurde. „Es gab zwei Verhandlungsergebnisse, und der Vorstand hat sich einstimmig dafür ausgesprochen.“ Die Entscheidung sei nicht „gegen die SPÖ, sondern für die ÖVP“ gefallen, mit der eine nachhaltigere Lösung gefunden worden sei. Die konstituierende Gemeinderatssitzung ist für den kommenden Dienstag angesetzt. Foto-C.Stadler/Bwag, Wikimedia Commons.