Der bulgarische Investigativjournalist Christo Grosew hat heute im Ö1-Mittagsjournal über äußerst traumatische Erfahrungen im Zusammenhang mit der Spionageaffäre um den ehemaligen
Staatsschützer Egisto Ott gesprochen und Vorwürfe gegen Österreich erhoben. Grosew, der für die Plattform Bellingcat arbeitet, musste aufgrund mutmaßlicher russischer Aktivitäten, an denen Ott beteiligt war, Österreich im vergangenen Jahr verlassen. Er betonte, dass Österreich die Unterwanderung durch russische Dienste lange Zeit unterschätzt habe.
„Es ist extrem traumatisierend herauszufinden, dass ehemalige Mitarbeiter der Sicherheitsdienste russische Dienste dabei unterstützt haben, mir und meiner Familie nachzuspionieren“, sagte er zu Ö1. „Sie haben geholfen, in meine Wohnung einzubrechen, den Computer meiner Familie zu stehlen und ihn an den russischen Geheimdienst zu übergeben. Das fühlt sich wie ein ultimativer Vertrauensbruch an.“
Es sei gut zu sehen, dass Österreich in Sachen Geheimdienste nun versuche, reinen Tisch zu machen und das internationale Vertrauen wiederzugewinnen. Allerdings: „Ich fürchte, dass auch dieses neu erlangte Vertrauen schnell wieder verloren gehen kann, falls es zu einer Änderung der politischen Landschaft in Österreich kommen sollte.“
Grüne werfen FPÖ Verrat im Dienste Russlands vor Die Causa wurde zuletzt auch zum Politikum. Die Grünen erhoben angesichts der Enthüllungen schwere Vorwürfe gegen die FPÖ. Die Partei agiere „auf Zuruf eines despotischen Kriegstreibers“, sagte Klubobfrau Sigrid Maurer in einer Pressekonferenz heute. Parteichef Herbert Kickl wolle Österreich zu einem Satellitenstaat Russlands umwandeln. Maurer ortete „Verrat“ an Österreich und nannte auch einen möglichen Konnex zum nach Moskau geflüchteten Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek.
Maurer sprach von „absolut alarmierenden, letztlich untragbaren Machenschaften der Freiheitlichen Partei als Putins Gehilfen“. Speziell erinnerte sie an den Ende 2016 unterzeichneten Freundschaftsvertrag der FPÖ mit Wladimir Putins Partei Geeintes Russland. Es gebe von der Plattform Bellingcat aufgedeckte Hinweise, dass der in der Causa Ott ebenfalls im Mittelpunkt stehende Marsalek just zur Zeit der Unterzeichnung in Moskau gewesen sein soll.
Und der Vertrag sei offensichtlich schon Monate davor ausverhandelt worden, es habe einen Beschluss des FPÖ-Parteipräsidiums gegeben. Maurer verwies darauf, dass in diesem auch Norbert Hofer vertreten gewesen sei, in einer Zeit, als er auch in der Stichwahl gegen Alexander Van der Bellen bei der Bundespräsidentenwahl war.
FPÖ ortet „grüne Märchenstunde“ Die FPÖ reagierte auf die Kritik abschätzig. Generalsekretär Christian Hafenecker sprach in einer Aussendung von einer „grünen Märchenstunde“ und betonte, dass nicht die FPÖ, sondern ÖVP und Grüne die Menschen verrieten. Hofer unterstrich in derselben Aussendung, dass er bei der Unterzeichnung des Freundschaftsvertrags „einen gewissen Jan Marsalek“ nicht habe entdecken können.
Ermittlungen zu Rolle Russlands Laut Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) wird in der Causa Ott aktuell auch zur Rolle Russlands bei der BVT-Razzia unter Kickl ermittelt. Diese Frage sei Teil des fast 100-seitigen Haftbefehls, so Karner am Rande einer Pressekonferenz, und hier werde „in alle Richtungen mit vollem Hochdruck ermittelt“. Auch er verwies auf den Freundschaftsvertrag der FPÖ mit Putins Partei Geeintes Russland.